4. August 2017

Vom sich verselbständigenden Geld


Neymar hat sich für 222 Millionen transferieren lassen. Ein Aufschrei des Entsetzens, zumindest ein offener Mund ungläubigen Staunens bei Fußballfans und wohl auch Vereinsmanagern ob dieser schwindel(!)erregenden Höhe.

222 ist also die neue Zahl der Hölle - vorläufig, denn die biblische 666 für den Teufel wird auch noch erreicht werden. Geld im freischwebenden Turbokapitalismus hat nun einmal die Tendenz, sobald angehäuft sich zu verselbständigen.

Der "gemeine" im Sinne von gewöhnlich verdienende Fußballliebhaber hat nur die Möglichkeit, sich vom Profitfußball abzuwenden oder das zu tun, was die Briten mit "grin and bear it" umschreiben: gute Miene zum bösen Spiel zu machen.

Denn der gemeine Manager, Berater, Vermittler etc. spielt dieses Spiel schon seit längerem, vielleicht sogar seit Beginn der Zivilisation.

Dieselskandal - Millionen von Autokäufern sind hinters Licht geführt, schlichtweg betrogen worden. Das soll nun mit einem Software-Update geheilt werden. Einem Software-Update! Einer kosmetischen Maßnahme auf der Benutzeroberfläche! Zur selben Zeit erhält der Volkswagen-Vorstand 54 Millionen Euro extra Geld auf die üppigen Gehälter obendrauf. Grin and bear it? Oder zur Konkurrenz wechseln? Die aber ebenso gemogelt und betrogen hat? Also gar kein Auto mehr? Aber wie chauffiert die Familie sich dann ans Meer? Oder zum Discounter für den Großeinkauf?

Eierskandal - Millionen von Konsumenten sind hinters Licht geführt, betrogen worden. Selbst Eier aus ökologischer Freilandhaltung sind mit Gift infiziert. Die Tiere wohl ebenso. Wird deshalb die Massentierhaltung verboten? Mitnichten. Es hängen ja immer ach so viele Arbeitsplätze dran. Und die Wirtschaft - der kategorische Imperativ des 21. Jahrhunderts - muss florieren, auf Teufel komm raus.

Nur zwei aktuelle Beispiele von einer langen Liste: Zigaretten, Atomkraft, Börsenhandel, Mieten, Immobilien, GEZ-Steuer, Nebeneinkünfte von Abgeordneten - die Ausplünderung vieler zur Bereicherung weniger. Aber haben nicht schon die ägyptischen Könige...?  

Für den Profitfußball ist "222" kein Sündenfall. Für den Profitfußball bleibt dies nur ein weiteres Showelement im von den und für die Fans veranstalteten Tanz ums Goldene Kalb.

Grin and bear it? Ja, wer weiter mittanzen will. Und mit seinem Diesel zum Auswärtsspiel fährt, als sei weiterhin nichts geschehen.

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